In vielen Unternehmen gibt es interne Wetten auf den Ausgang von WM-Spielen, und das ist in meiner Firma nicht anders. Meine Kollegen suchten noch jemanden, der einen Beitrag leistet, damit der Gewinner mehr Geld erhält. Also dachte ich mir, warum nicht? Es wird bestimmt lustig sein. Obwohl ich keine Ahnung von Fußball habe, hatte ich zufällig einen Fünfer dabei, also habe ich mich beteiligt.
Ich zahlte meinen Einsatz ein und stürzte mich sofort auf den Spielplan, um die Ergebnisse der Vorrunde vorherzusagen. Ich konnte nicht ahnen, wie ernst meine Kollegen das alles nehmen würden. Ich erhielt eine Standpauke, dass man so etwas nicht macht, da es im Verlauf der Vorrunde vorkommen kann, dass eine Mannschaft bereits sicher weiter ist und das letzte Spiel nur mit halber Kraft oder sogar überhaupt nicht absolviert. Auf meine lapidare Antwort, dass ich all das berücksichtigt habe, erntete ich nur Kopfschütteln.
Nach dem ersten Spieltag erfuhr ich dann, was es bedeutet, zwei Ergebnisse richtig vorherzusagen und den Sieger korrekt zu tippen. Das bedeutet, man erhält 7 Punkte, jeweils 3 für das korrekte Ergebnis und einen zusätzlichen Punkt, wenn zumindest der Sieger richtig vorhergesagt wurde. Und obendrauf gab es noch Hausverbot im Büro der “Wettorganisatoren”.
Nach einiger Zeit war die Vorrunde vorbei, und erstaunlicherweise war ich immer noch vorne dabei, obwohl ich von Fußball keine Ahnung hatte. Ich trug noch einige Ergebnisse ein, als ich am Freitag einen Anruf bekam: “Hey Kollege, du musst noch deine Spiele für Samstag tippen.” Oh Mist, ich hatte es fast vergessen, aber zum Glück wurde ich daran erinnert. Für die beiden Samstagsspiele erzielte ich insgesamt 4 Punkte. Glück gehabt und erneutes Hausverbot.
Doch dann wagte ich es auch noch, für ein Spiel, dessen Paarungen noch nicht feststanden, ein Ergebnis einzutragen. Das betraf das Spiel 61 – der Sieger zwischen Uruguay/Ghana und Niederlande/Brasilien. Ich sagte, es endet 3:1, entweder für die Niederlande oder Brasilien, aber auf jeden Fall 3:1! Dafür wurde mir regelmäßig vorgeworfen, keine Ahnung von Fußball zu haben (ich hatte nie das Gegenteil behauptet und konnte nichts dafür).
Es kam, wie es kommen musste: Von den 10 Mitspielern konnten am letzten Wochenende der WM nur noch 3 gewinnen, und ich führte mit einem Vorsprung von 4 Punkten. Am Ende hatte ich sogar das Finale richtig getippt, sodass ich am Ende 4 Punkte Vorsprung vor dem Zweiten hatte. Den Sonntagabend verbrachte ich damit, Sprüche wie “Unter den Blinden ist der Einäugige König”, “Fußballerischer Sachverstand setzt sich durch” oder “Ich weiß, dass ich keine Ahnung habe, aber du hast noch weniger” auszudenken. Ich beschränkte mich dann aber auf ein fröhliches “Guten Morgen” um 7:05 Uhr im “Wettbüro” und wartete darauf, dass mir das Wettkomitee den Pokal überreichte. Das Preisgeld wanderte in die Urlaubskasse, und der Pokal wird wohl eine Weile meinen Arbeitsplatz schmücken.
Es war wirklich lustig!
Und auf mehrfachen Wunsch (fast schon penetrant) einer einzelnen Person muss ich hier noch erwähnen, dass dies nicht das erste Mal ist, dass jemand mit wenig Ahnung den Pokal geholt hat. Das soll bereits 2008 beim EM-Qualifikationstippen passiert sein. Besonders erstaunlich ist, dass ein Teilnehmer es schon dreimal geschafft hat, den Pokal zu gewinnen – zum Glück nicht hintereinander. Ansonsten hätte man einen neuen Pokal anschaffen müssen, da Wanderpokale nach dreifachem Gewinn in Folge beim Gewinner verbleiben dürfen. Tja, lieber TE aus K, du kannst mir dankbar sein, dass du keinen neuen Pokal stiften musstest.